Das Weihnachtskätzchen

Das Weihnachtskätzchen

Ich hab an jene Winternacht
auch später oftmals noch gedacht
so viele Jahre liegt’s zurück
als ich am Wege fand mein Glück

Kein Mensch kennt bisher die Geschichte
von der ich euch sogleich berichte
sie brachte Kummer mir und Freud
ich spür’s im Herzen auch noch heut

Der Wind pfiff heulend um das Haus
ein leises Jammern rief mich raus
wo kam es her in dieser Nacht
welch Schmerz nur hatte es entfacht?

Die Eltern saßen in der Stube
so schlich ich mich als kleiner Bub
zum Haus hinaus – nur kurz geguckt
schon hatte mich die Nacht verschluckt

Der Schnee, er weht ins Gesicht
ich sah die Hand vor Augen nicht
doch lief ich los, am Wald entlang
wo ich es schließlich frierend fand

Ein kleines Kätzchen saß im Schnee
und zitternd schaut es in die Höh’
das Fell, es war schon eingeschneit
und keine Mutter weit und breit

Es sah mich an, war ganz allein
wie konnte das nur möglich sein?
Wer hatte wohl in dieser Nacht
das Kätzchen nur hierher gebracht?

Ich hob es zu mir in die Höh’
befreite es von Eis und Schnee
trug’s schnell zu meiner Eltern Haus
– und flog in hohem Bogen raus

Ein Tier im Haus – kommt nicht in Frage
ich dulde keine Katzenplage
drum setz sie sofort vor die Tür
nur ich, mein Sohn, bestimme hier

Des Vaters Worte taten weh
ich ihn noch manchmal vor mir seh’
er nahm das Kätzchen einfach fort
ich weinte still und sagt’ kein Wort

So setzte er es vor die Tür
ich haßte ihn so sehr dafür
mau, mau, klang’s lang von draußen noch
der Schmerz mir tief ins Herz ´reinkroch

Dann Stille – kein Miauen mehr
ich fühlte mich verzweifelt, leer
es war erlöst, fand Frieden nun
und konnte ewig aus sich ruh’n

Dann schließlich kam die Heilignacht
Geschenke wurden viel gemacht
der Weihnachtsmann bracht Äpfel, Nüsse
die Tanten schenkten feuchte Küsse

Die Fröhlichkeit, sie fiel mir schwer
ich ging zu Bett, im Herzen leer
ich mocht nicht feiern, wollt nicht spielen
tat mich ganz schrecklich einsam fühlen

Der Schlaf kam bald in dieser Nacht
als ich noch einmal kurz erwacht
mein Vater hielt still meine Hand:
Sieh’, was ich eben fand!

Der Weihnachtsmann hat’s wohl vergessen
er kam zurück kurz nach dem Essen
und meinte, dieses sei für dich
ich dachte erst, da irrt er sich

Der Vater lachte, strahlt’ mich an
ich heut’ mich noch erinnern kann
in seinem Schoß, ganz klitzeklein
saß mein geliebtes Kätzlein

Alexander Conradt 1950
Dt. Redakteur

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